Digitalen Fortschritt messen
Überall wird gemessen, bewertet und evaluiert. Nicht „nur“ die Lebensqualität – wie es der Fokus meiner Arbeit seit 10 Jahren ist – sondern auch der digitale Fortschritt , wie ihn zum Beispiel die Europäische Kommission abzubilden versucht.
Für #gutlebendigital interessieren natürlich die Parallelen und Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede: Welche Erfolgsmaße werden für „die“ Digitalisierung genutzt? Kann die Lebensqualitätsmessung hier etwas lernen? Und andersherum?
Im „Digital Economy and Society Index (DESI 2017)“ der Europäischen Kommission fällt dem Lebensqualitätsforscher eins direkt auf: Da stehen dieselben Länder vorne, wie in meiner Glücklichen Variante des Kapitalismus! Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande weisen nicht nur eine hohe Lebensqualität auf, sondern sind auch in der Digitalisierung ganz vorne dabei. Daten für die Schweiz und für nicht-europäische Länder gibt es im DESI leider nicht. Im Mittelfeld: Belgien, Großbritannien und Frankreich. Am unteren Rand liegen auch hier Italien und Griechenland. Spannend ist Deutschland, das nach dem DESI schlechter abschneidet als in der glücklichen Variante des Kapitalismus 2.0. Woran liegt das? Verpassen wir eine wichtige Entwicklung?
Der DESI besteht aus fünf Bereichen mit insgesamt 31 Indikatoren. In der Erschließungsqualität (connectivity) findet sich der auch in der Lebensqualitätsmessung genutzte Breitbandausbau. Hier schnitt Deutschland mit Platz 7 nicht schlecht ab. Im Bereich „Humankapital“ bzw. Bildung werden die Digitalkompetenzen der Bürger zur Informationssammlung, Kommunikation, Inhalte generieren, Sicherheit und Problemlösung gemessen. Das ist eine sinnvolle Fokussierung der Lebensqualitätsindikatoren. Deutschland liegt auf Platz 8 hinter den üblichen Kandidaten. Im dritten Bereich, der tatsächlichen Nutzung des Internets für Information, Kommunikation, Unterhaltung, Einkaufen etc. hängt Deutschland mit Platz 18 dagegen weit zurück. Im vierten Bereich geht es um die Digitalisierung in der Wirtschaft, wo Deutschland auf Platz 10 liegt. Besonders schlecht steht Deutschland aber im fünften Bereich da, der Digitalisierung im öffentlichen Sektor – nur Platz 20 von 28 Länder, knapp vor Italien.
Vier Punkte erscheinen für die Verbindung von Digitalisierung und Lebensqualität wichtig:
1. Es gibt große Überschneidungen der Themenfelder, wenn auch andere, speziellere Indikatoren genutzt werden: Bildung, Wirtschaft, Freizeit, Sicherheit, Politik/Verwaltung und Verkehr.
2. Manche Lebensqualitätsthemen sind zumindest im Messansatz DESI der Europäischen Kommission nicht sichtbar: Umwelt, Zusammenleben, Gesundheit, Wohnen.
3. Die besten Länder zeigen sowohl in der Lebensqualität als auch in der Digitalisierung in allen Einzelbereichen gute Ergebnisse. Schwächen in einem Bereich gehen in der Regel auch mit Schwächen in anderen Bereichen einher. Für belastbare Einschätzungen eines Landes ist also eine Gesamtschau notwendig.
4. Im öffentlichen Sektor scheint es in Deutschland besonderen Handlungsbedarf zu geben. Vielleicht wird dieser ja nach der Bundestagswahl angegangen.
Vorbilder gelingender Digitalisierung
In wichtigen Indikatoren zu gelingender Digitalisierung liegen die skandinavischen Länder vorn. In Deutschland besteht erheblicher Handlungsbedarf.
Die OECD zu Lebensqualität und Digitalisierung
Die OECD befasst sich in einem neuen Bericht mit der Messung von Lebensqualität im digitalen Zeitalter – es gibt viele Parallelen und ein paar Unterschiede zu #gutlebendigital.